Mittwoch, 28. Oktober 2015

Dingi auf der Jagd

  Gestern saß ich  "Am Kieselstein" an, ein Platz, der neuerdings immer für eine Überraschung gut ist. Ich konnte dort heuer ein Stuck (Hirschkuh) mit Zwillingen - das ist bei Rotwild selten - beobachten, und vor kurzem ein richtiges Rudel mit drei Stuck, drei Schmaltieren ( die waren letztes Jahr Kälber) und drei Kälbern. Eines hatte sogar noch Flecken. Eine richtige Großfamilie also, wahrscheinlich alle miteinander verwandt.
   Ich war spät dran, die erste Glocke die ich aus dem Tal hörte schlug 17 Uhr. Um 17:07 Uhr würde die Sonne untergehen, das Licht reicht dann noch leicht eine knappe halbe Stunde an dieser Stelle. Aber immer wieder zogen Nebel über die kleine Lichtung. Mal war alles klar, dann wieder diesig und grau.
Und wie aus dem Nichts steht da auf einmal die Silhouette eines Rotwildes, kein Schritt, kein Knacksen war vorher zu hören. Da schlägt dann der Puls hoch! Durch´s Glas konnte ich einen Spießer erkennen ( der war letzes Jahr ein Kalb). Er blickte nach oben, da würde wohl noch Wild kommen. Ja, ein junger Sechsender kam, gefolgt von einem Stuck.
Inzwischen hatte ich mich beruhigt. Aber lange zögern durfte ich jetzt auch nicht mehr.
Ich kam sauber hinter dem (Schulter-) Blatt ab, er zeichnete mit einem Bocksprung und lief geradeaus den Hang hinauf, verschwand im Nebel. Die beiden anderen flüchteten nach links.
  Ich gab meinem Mann Bescheid, auch beide Hunde zu holen, denn der Nebel wurde dichter und es dunkelte jetzt schon. Links oben hörte ich es knacksen. Waren die beiden Stücke stehen gebleiben und warteten auf ihren Kumpan, oder war der Spießer im Nebel noch eine Kurve gelaufen und schlegelte? Am Anschuß fand ich hellen, blasigen Lungenschweiß, also würde es definitiv eine Totsuche sein.
  Die Fluchtrichtungen nach einem tödlichen Schuß sind sehr unterschiedlich - manchmal läuft das Wild dahin zurück, wo es hergekommen ist und manchmal nimmt das Wild einen bekannten Wechsel an. Ich wollte nicht weiter herumtrampeln und wartete auf Claus und die Hunde. Leider -  für die Hunde, aber zum Glück für uns und das Wild -  haben wir bisher nur Totsuchen in einem Radius von cirka 100 m gehabt. Bei Dunkelheit und dichtem Bewuchs, oder auf einer hohen Wiese, kann der Mensch oft lange suchen - die Hunde tun sich leichter!

Adjiri war so aufgeregt, dass er den Anschuß, den ich ihm zeigte, nicht richtig registrierte. Er führte mich auf die Fluchtfährte der anderen beiden Tiere nach links, durch schwieriges Gelände mit vielen liegenden Stämme und Ästen und Blockschutt ( wir sind hier im Bergwald!) und ich war froh um meinen Bergstock, verknackste mir fast das linke Sprunggelenk, fluchte innerlich über den Rüden, der mich im Kreis führte und niemals nicht auf der Fährte des kranken Stückes war. Jetzt ist er ziemlich fertig, atmet heftig
( schließlich lasse ich mich an der Schweißleine von ihm ziehen) und kommt zurück zum Anschuß. Da nimmt er die Nase runter, verweist weiteren Schweiß - so brav mein Hund! - nimmt die gerade Linie den Hang hinauf, dahin, wo ich den Spießer flüchten sah! Und da liegt er ja, mitten auf dem alten Rückeweg, mit hervorragendem Schuß!
Adjiri ist so fertig, dass er sich tadellos weg führen läßt bis zum Auto.

Und jetzt ist Dingi dran! Die Schweißleine kommt an sein Geschirr. Kaum verspüre ich eine Aufregung an ihm. Ich zeige ihm den Anschuß - völlig neu ist für ihn frischer Schweiß. Er zieht los. Nimmt kurz eine Verleitung an - sein Blick dabei sagt mir alles - und führt mich dirket zum Spießer. Großes Lob! Und keine Aufregung bei Dingi.

Wir brechen auf, der Pansen wird ausgeleert und mitgenommen. Mühsam laden wir das schwere Tier auf den Pickup und bringen es in die Wildkammer des Forstbetriebs. 72 kg hat es aufgebrochen und ohne Haupt. Herz, Lunge, Leber, Zunge, Nieren und den Pansen werden die Hunde bekommen. Über 10 kg ist der Kübel schwer. Und zur Belohnung erhalten beide noch im Auto ein Stück vom Herz.


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